Ofnethöhlen


Touristische Informationen:

photography
Der Kraterrand wird in einem Steinbruch abgebaut, im Hintergrund Nördlingen.
photography
Die Außenseite des Riesrandes mit den Ofnethöhlen.
Ort: 4,5 km südwestlich Nördlingen.
A7 Ausfahrt Heidenheim, Richtung Nördlingen über Neresheim, Nattheim. Am Steinbruch/römischen Gutshof 5 km vor Nördlingen links ab. Parken am römischen Gutshof. 15 min Fußweg.
(48.818306, 10.450420)
Öffnungszeiten: frei zugänglich.
[2023]
Eintrittspreise: frei.
[2023]
Typ: SpeleologyKarsthöhle KarstHöhlenruine
Licht: Taschenlampe mitbringen
Dimension: Große Ofnet: A=520 m N.N., L=30 m, Portal: B=6 m, H=4 m.
Kleine Ofnet: A=525 m N.N., L=15 m, Portal: B=4 m, H=2,70 m.
Führungen: nein
Fotografieren: erlaubt
Zugänglichkeit: nein
Literatur: E. Frickhinger (1939): Das Himmelreich mit den Ofnethöhlen, Schwabenland, 1939.
Adresse: Verkehrsamt der Stadt Nördlingen, Marktplatz 2, 86720 Nördlingen im Ries, Tel: +49-9081-4380 und 84116, Fax: +49-9081-84113
Nach unserem Wissen sind die Angaben für das in eckigen Klammern angegebene Jahr korrekt.
Allerdings können sich Öffnungszeiten und Preise schnell ändern, ohne daß wir benachrichtigt werden.
Bitte prüfen Sie bei Bedarf die aktuellen Werte beim Betreiber, zum Beispiel auf der offiziellen Website in der Linkliste.

Geschichte

1875-1876 erstmals von Geologe Oscar Fraas systematisch untersucht.
1901-1908 archäologische Ausgrabungen durch den Tübinger Forscher Robert Rudolf Schmidt, steinzeitliche Schädelbestattungen entdeckt.
1934 und 1936 Ausgrabungen durch Ernst Frickhinger und Ferdinand Birkner.

Bemerkungen

photography
Der Eingang der Großen Ofnet.
die Große Ofnethöhle von Innen.
photography
Die Kleine Ofnet.
photography
Die Kleine Ofnet von Innen.
photography
Die Kleine Ofnet von Innen.

Die Ofnethöhlen befinden sich unweit von Nördlingen in der Außenwand des Ringwalls des Nördlinger Ries. Deshalb zuerst ein paar Worte zu dieser geologisch hochinteressanten und spektakulären Erscheinung. Das Nördlinger Ries ist einer der größten Meteorkrater der Welt mit 24 bis 25 km Durchmesser. Es entstand durch den Einschlag eines Steinmeteoriten vor 14,7 Millionen Jahren im Obermiozän. In der Folgezeit, in der ein sehr warmes, subtropisches Klima herrschte, füllte sich der Krater mit einem See, und im Laufe der Jahrmillionen wurde er vollständig mit Süßwasserseesedimenten aufgefüllt. Später wurde der oberste Teil davon von den Schmelzwassern der Eiszeitgletscher wieder ausgeräumt, sodass der Krater wieder als Hohlform zu erkennen ist. Die Sedimente im Krater sind jedoch viel jünger als in der Umgebung und meist sehr fossilienreich. Nördlingen befindet sich innerhalb des Kraters, auf einer fruchtbaren kreisförmigen Ebene. Weitere Informationen bietet das Rieskrater Museum in Nördlingen.

Die Ofnethöhlen befinden sich im Ringwall des Meteorkraters. Es handelt sich um Höhlenruinen, die auf der riesabgewandten Seite von einem Trockental angeschnitten worden sind. Die beiden Höhlen heißen Große Ofnet und Kleine Ofnet, die Herkunft des Begriffes Ofnet ist unbekannt. Der Kraterrand bildet hier einen auffälligen Bergrücken, der auf der Nordostseite von dem Ort Holheim im Becken ansteigt. Auf der Südwestseite verläuft ein Trockental, wodurch sich ein auffälliger Kraterrand gebildet hat, dessen Form jedoch eigentlich ein Ergebnis der Erosion ist. Das Tal wurde sicherlich nach dem Einschlag von einem Fluss durchflossen, so wie der Krater mit einem See erfüllt war, damals hatte die Verkarstung noch nicht eingesetzt. Der Bergrücken besteht aus Kalkstein, der von der Explosion nach außen gedrückt wurde. Dabei wurden die Gesteine zerrüttet, es kam zur Bildung von sogenanntem Strahlenstein, das ist Kalkstein der kegelförmige Bruchflächen aufweist, im Gegensatz zu geradlinigen Klüften. Diese Flächen besitzen zudem eine radialstrahlige Riffelung, daher der Name. Ganze Gesteinspakete wurden übereinander geschoben und so gibt es nur wenige hundert Meter entfernt einen Aufschluss, in dem man Schichten des Lias über Gestein des Malm sehen kann, die aber zugleich nicht gekippt oder gedreht wurden. Ein großer Steinbruch Richtung Holheim nutzte genau diese geologische Situation, die Kalksteine waren bereits zerkleinert und das erleichterte den Abbau ungemein. Die Zerrüttung des Kalksteins war sicherlich eine wichtige Voraussetzung für die Bildung der Höhlen, die sich unter warmem Klima in einem sehr kleinen Einzugsgebiet gebildet haben, das entweder zum Kratersee oder zum Tal entwässert hat. Etwa vor zehn Millionen Jahren kam es zur Auffaltung der Alpen und gleichzeitig wurde die Albhochfläche angehoben. Eine großflächige Verkarstung setzte ein, die Entwässerung verlagerte sich tiefer, die Höhlen wurden fossile Höhlen, irgendwann wurde das Tal zum Trockental.

Die Höhlen wurden in den Jahren 1875 bis 1876 erstmals systematisch untersucht, vom Stuttgarter Pfarrer und Geologen Oscar Fraas. Er entdeckte auch Steinwerkzeuge und Tierknochen, die wahrscheinlich aus dem Mesolithikum, zwischen 5000 und 7000 BP stammen. Er führte jedoch keine Ausgrabung durch. Der Tübinger Forscher Robert Rudolf Schmidt untersuchte die Ofnethöhlen 1901 und 1905, 1907 und 1908. Er fand in der Großen Ofnet zwei Nester, in denen zusammen 33 Menschenschädel lagen. Damals konnte man sie nicht datieren, so interpretierte er sie als eine Parallele zu einer gleichartig wirkenden Deponierung eines menschlichen Schädels in der Höhle von Mas d’Azil. Die daraus folgende Datierung wurde jedoch später widerlegt. Der Pharmazierat und Heimatforscher Ernst Frickhinger und der Archäologe Ferdinand Birkner führten 1934 und 1936 weitere Ausgrabungen durch. Die Ofnethöhlen wurden vom Moustérien (Mittelpaläolithikum, 40.000 a) bis ins Magdalénien und in der Mittelsteinzeit von Menschen besucht. Radiokohlenstoffdatierungen ergaben, dass die Schädel aus der Mittelsteinzeit um 9700 BP stammen.

Besonders spektakulär waren natürlich die Funde menschlicher Schädel, die in Nestern angeordnet waren. Ein Nest mit 27 Schädeln und ein zweites Nest mit 6 Schädeln, beide in Rötel gebettet, alle Schädel waren nach Westen beziehungsweise zum Höhlenausgang ausgerichtet. Zehn von ihnen waren von Frauen, vier von Männern und 19 von Kindern. Die weiblichen Schädel waren mit Schmuckbeigaben versehen, 4000 gelochte Schnecken und 200 durchbohrte Hirschzähne waren wohl ursprünglich zu Ketten oder Netzen aufgefädelt, der Faden ist jedoch vermodert. Gänzlich unverheilte Schädelverletzungen lassen auf gewaltsamen Tod schließen, sie könnten aber auch postmortal entstanden sein. Dass bei allen Schädeln der Unterkiefer und auch Halswirbel gefunden wurden lässt darauf schließen, dass Köpfe, keine Schädel, bestattet wurden. Offensichtlich wurden die Schädel von den Körpern getrennt, ob das jedoch postmortal erfolgte, oder durch Enthauptung lässt sich nicht feststellen. Ob es Opfer des eigenen Stammes bei gewalttätigen Auseinandersetzungen, Unfallopfer oder hingerichtete Feinde sind lässt sich genauso wenig klären. Die Tatsache, dass sie zusammen begraben wurden, erweckt jedoch den Eindruck, dass sie zusammen gestorben sind, aber über den Grund kann nur spekuliert werden. So wurden Theorien zu einem kriegerischen Massaker, zu einer rituellen Opferung und sogar zu Kannibalismus formuliert. Ohne wissenschaftlichen Beleg sind das jedoch nur Spekulationen. Dass es sich um eine Form des Schädelkultes handelte, ist dagegen offensichtlich. Der Rötel und der Schmuck sowie die Ausrichtung lassen ein Bestattungsritual vermuten.

Die recht unspektakulären Ofnethöhlen haben es durch diesen Fund auch in die Medien geschafft. So wurden sie in einem Spiegel Artikel und in der Süddeutschen Zeitung erwähnt und von Yuval Noah Harari in seinem Buch Eine kurze Geschichte der Menschheit. Diese Bekanntheit war wohl auch der Grund warum die US-amerikanischen Astronauten der Missionen Apollo 14 und Apollo 17 die Ofnethöhlen im Rahmen ihres geologischen Feldtrainings im Nördlinger Ries besuchten.

Von der Bundestraße 466 nach Nördlingen zweigt gegenüber dem Abzweig nach Ederheim ein geteerter Feldweg ab, der zu einem römischen Gutshof führt. Hier ist auch genug Platz zum Parken. Ein Besuch des Gutshofs ist sehr lohnend, Schilder mit Erläuterungen gibt es auch. Von hier sind die Höhleneingänge oben am Hügel bereits deutlich zu erkennen. Der Hang ist eine Schafweide mitkurzem Gras, so kann man auch ohne Weg die Höhlen in einem 10-minütigen Anstieg leicht erreichen. Die Höhlen haben inzwischen auch sehr informative Schilder mit Fotos und Erläuterungen zu den archäeologischen Ausgrabungen. Nach dem Besuch der Höhl empfiehlt es sich noch 5 Minuten aufusteigen, bis zum Gipfel des Ringwalls. Von hier hat man eine wunderbare Aussicht auf das Nördlinger Ries und den Ipf.