Die Definition einer Höhle lautet "...ein unterirdischer Hohlraum...". Das bedeutet: Wenn sie über der Erde liegt, ist sie keine Höhle. Oder anders ausgedrückt: Unterirdisch zu sein ist die wahre Natur von Höhlen. Es scheint, dass der Begriff "Oberirdische Höhle" ziemlich seltsam ist. Der Begriff ist ein Paradoxon und absurd. Wenn er beabsichtigt ist, ist er ein Oxymoron und lustig.
Manchmal wird er im englischen Sprachraum von Höhlentauchern verwendet, und sie meinen damit Höhlen über dem Meeresspiegel oder dem Grundwasserspiegel. Das bedeutet, dass sie nicht mit Wasser gefüllt sind. Sie als oberirdisch zu bezeichnen, impliziert jedoch, dass sie denken, die Wasseroberfläche sei der Boden. Wir sind uns nicht sicher, ob es sich dabei um einen sehr coolen Scherz oder nur um Sauerstoffknappheit handelt.
Wir haben zwei Verwendungen gefunden, die ziemlich lustig und intelligent sind. Zuerst war da dieser Komiker, der davon sprach, dass er ein "unterirdischer Höhlenführer" sei. Um zu verdeutlichen, dass es sich dabei um eine seltsame Redewendung handelt, fragte er, wo sonst ein Höhlenführer arbeiten könnte, wenn nicht unter der Erde, vielleicht in einer überirdischen Höhle?
Die andere, noch häufigere Verwendung des Begriffs bezieht sich auf höhlenähnliche Gebäude, die - da sie oberirdisch sind und nur an Höhlen erinnern - als oberirdische Höhle bezeichnet werden. Es gibt auch Kunstwerke die eine Höhle oder Höhlung haben und deshalb so bezeichnet werden. Es bleibt dennoch Unsinn.
Ein weiteres Beispiel findet man bei Franz Lindenmayr in seinem wohl nicht ganz ernstgemeinten Glossar Das Wortfeld "Höhle". Er hat das sowohl sinnvolle als auch sinnlose, vor allem aber kuriose und schräge Formulierungen gesammelt. Er zitiert dort Walter Benjamin (*1892-✝1940). Ein "großer" Autor macht aus Unsinn Kunst.
"Mir träumte, als Mitglied einer forschenden Expedition in Mexiko zu sein.
Nachdem wir einen hohen Urwald durchmessen hatten, gerieten wir auf ein oberirdisches Höhlensystem im Gebirge, wo aus der Zeit der ersten Missionare ein Orden sich bis jetzt erhalten hatte, dessen Brüder unter den Einheimischen das Bekehrungswerk fortsetzten.
In einer unermeßlichen und gotisch spitz geschlossenen Mittelgrotte fand der Gottesdienst nach dem ältesten Ritus statt.
Wir traten hinzu und bekamen sein Hauptstück zu sehen: gegen ein hölzernes Brustbild Gottvaters, das irgendwo an einer Höhlenwand in großer Höhe angebracht sich zeigte, wurde von einem Priester ein mexikanischer Fetisch erhoben.
Da bewegte das Gotteshaupt dreimal verneinend sich von rechts nach links."
Walter Benjamin (*1892-✝1940), Einbahnstraße, 1928
Die penetranteste Verwendung des Begriffs fanden wir jedoch in der Werbung für die Capricorn Caves in Australien. Sie glauben wirklich, dass ihre Höhlen oberirdisch sind, und Hunderte von Journalisten, Webmastern und Bloggern im Internet haben ihnen das auch noch geglaubt. Das ist ärgerlich und zeigt, dass Journalismus das Geld nicht wert ist, das die Paywalls gerne hätten.