Höhlen auf Madeira

von Knut Brenndörfer


Die Insel Madeira wurde offiziell 1418 entdeckt (obwohl sie schon auf einer älteren Landkarte verzeichnet ist) und gehört heute als autonome Region zu Portugal und damit auch zur EU. Schon der erste Blick auf die 57 x 22 km großen Insel vom Flugzeug aus zeigt den vulkanischen Ursprung. Der extrem zerklüftete Ostteil erreicht mit dem Pico Ruivo 1861 Höhenmeter. Der Westteil besteht größtenteils aus einer zwischen 1200 und 1600 metre liegenden Hochebene. Madeira ist eine alte Vulkaninsel, die letzten Aktivitäten liegen mehr als 400000 Jahre zurück. Heute gibt es keinerlei aktiven Vulkanismus mehr.

Großflächige Lampenflora.

Bekannt wurde die Insel hauptsächlich durch ihren Wein, wobei es sich beim klassischen "Madeira" um einen Dessertwein handelt, der in fünf verschiedenen Stufen zwischen süß und trocken angeboten wird. Relativ bekannt sind auch noch die sogenannten "Levadas". Dieses sind Bewässerungskanäle mit einer Breite von etwa 10 cm bis über einen Meter, die in einer Länge von über 2000 km mit vielen, teilweise bis zu 7 km langen Tunneln die Insel durchziehen und neben denen man auch sehr entlegene Gebiete der Insel erwandern kann. Grundlage der Konstruktion ist die Idee, im Sommer keinen Tropfen Süßwasser ungenutzt ins Meer fließen zu lassen. Dazu wird vor allem an der niederschlagsreicheren Nordseite der Insel jedes kleine Rinnsal erfasst und über Tunnel in den Süden geleitet. Einige größere Levadas speisen auch Wasserkraftwerke mit bis zu 1200 m Fallhöhe. Organisiert und gewartet wird das Levada-Netz vom portugiesischen Staat, die Bauern können bei der Wasserbehörde für wenig Geld Wasser für ihre Felder buchen. Durch diese, seit dem 16. Jahrhundert betriebene, fast perfekte Wasserbewirtschaftung hat Madeira keinerlei Wasserproblem. Es wird im Sommer sogar Wasser mit Tankschiffen auf die Kanarischen Inseln exportiert.

Touristisch erschlossen ist hauptsächlich der östliche Teil der Südküste, wo auch die Inselhauptstadt Funchal mit etwa 100000 Einwohnern und der Flughafen liegen. Die Einwohnerzahl der gesamten Insel beträgt 240000. Im Westen und im Osten Funchals, in Canico, findet man die meisten Hotels.

Durch die EU-Zugehörigkeit sind in den letzten Jahren große Mengen Geld zur Verbesserung der Infrastruktur nach Madeira geflossen, was unter anderem zum Bau einer 4-spurigen Umgehungsautobahn um Funchal geführt hat. Diese besteht fast nur aus Tunnel und Brücken um ein hochalpines Gelände zu durchqueren. Die Autobahn wurde inzwischen bis zum östlichen Inselende mit 4 Spuren verlängert und die Straßen um die Insel, vorallem an der Nordküste und die Durchquerung am Ecumeada-Pass in der Inselmitte wurden als Schnellstraßen ausgebaut. Dafür wurden mehr als 80 km Tunnel durch den Fels (meistens Basalt) gesprengt.

Inselmitte, südlich des Ecumeada-Passes.

Am nördlichen Ende des Ecumeada-Passes liegt der Ort Sao Vicente. Hier wurden schon im achtzehnten Jahrhundert Höhlen entdeckt. Durch das völlige Fehlen von Kalkstein auf der Insel ist der Höhlenbildungsprozeß jedoch grundsätzlich anders als in Karstgebieten gewohnt. Bei Vulkanausbrüchen kommt es manchmal vor, dass sich Ströme dünnflüssiger Lava an der Oberfläche abkühlen und eine massive Abdeckung bilden, während darunter die Lava dünnflüssig bleibt. Wenn nun der Lava-Nachschub versiegt und der gesamte Inhalt des Lavastromes abfließt, entsteht eine Lavaröhre. Diese existieren sicher in relativ großer Zahl in vulkanisch aktiven Gebieten, sichtbar und befahrbar werden sie aber erst nach dem Anschneiden durch eine Erosionskante, was bei massivem Gestein lange dauern kann. Auf Madeira sind die "Grutas de Sao Vicente" durch die Erosionsarbeit des Wassers in einem der Haupttäler der Insel zugänglich.

Höhleneingang.

Mitte der neunziger Jahre wurden die Höhlen als Schauhöhlen ausgebaut und touristisch erschlossen. Anfangs wurde für wenig Geld eine recht interessante, etwa halbstündige Höhlenführung angeboten, heute ist in den 8,-€ Eintrittsgeld eine hochmoderne, aber vom Informationsgehalt sehr dürftige Multimedia-Show über eine Reise in den Mittelpunkt der Erde mit enthalten.

Typischer Höhlengang mit erkaltetem Lavastrom und Basalt-Tropfstrukturen an der Decke.

Die Höhlen bestehen aus vier Lavakanälen. Der Führungsweg wurde ziemlich aufwendig durch Tunnel in fast alle Teile des Höhlensystems geleitet. Dadurch kann man die drei Hauptkanäle und den vierten, kleineren Kanal an verschiedenen Stellen im Querschnitt betrachten. Tropfsteine finden sich, mangels Kalkstein, in den Höhlen keine. Die Decke der Lavakanäle sieht jedoch an manchen Stellen, aufgrund der heruntergetropften Lava, wie eine beginnende Tropfsteinbildung aus. Auffällig ist auch noch an vielen Stellen eine wirklich beeindruckende Lampenfauna. Die 16 Grad mittlere Höhlentemperatur regt anscheinend die Farne zu starkem Wachstum an.

Die Frage, ob die Höhlen in Sao Vicente die einzigen auf der Insel sind, drängt sich natürlich auf. Schon bei meinem letzten Besuch auf der Insel (1998) habe ich versucht, irgendwelche Informationen zu bekommen, ohne Ergebnis. Dieses Mal war im Gebäude der Höhlenverwaltung in Sao Vivente eine sehr kleine Ausstellung über Lebewesen in den Höhlen von Machico, welches im Südostteil von Madeira liegt, zu sehen. Veranstalter war die "University of Madeira" in Funchal, aber niemand konnte mir Genaueres über die beteiligten Personen sagen. Auf deren Webseite (http://www.uma.pt/ in Portugiesisch) ist ebenfalls kein Hinweis auf Höhlen zu finden.


Knut Brenndörfer (2005): Höhlen auf Madeira, in: HFGOK-Mitteilungen, Jahrgang 24, Heft 3, September 2005, S.73-76
With kind permission.