Uwe Fricke & Friedhart Knolle

Die Segeberger Kalkberghöhle

Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V.


Entstehung des Segeberger Kalkberges

Der Kern des Kalkberges erhebt sich in Bad Segeberg aus der ostholsteinischen Jungmoränenlandschaft. Dieser Berg besteht aus Anhydrit, die äußere Schale aber aus Gips, der dadurch entsteht, dass Anhydrit Kristallwasser aufnimmt. Es wäre also eigentlich richtiger, den Kalkberg "Gips-" oder noch genauer "Anhydritberg" zu nennen. Der Kalkberg geht aus Sulfatablagerungen hervor, welche das Zechsteinmeer vor etwa 250 Millionen Jahren hier ablagerte. Durch den Aufstieg des unterlagernden Salzstocks wurde der Berg allmählich emporgehoben; noch heute steigt er um 1 - 1,5 mm/Jahr.

Entdeckung und Erforschung

Die Kalkberghöhle ist Deutschlands nördlichste und zugleich zweitlängste Gips-Schauhöhle; ihre Gesamtlänge beträgt 2260 m. Sie wurde im Jahre 1913 entdeckt; an der frühen Erforschung waren maßgeblich Karl Gripp und später Erna Mohr beteiligt. Gripp veröffentlichte auch den ersten Plan der Höhle und blieb in den folgenden Jahrzehnten stets der Motor ihrer geologischen Erforschung. 1988 erfolgte die komplette Neuvermessung durch die Arbeitsgemeinschaft für Karstkunde Harz e.V., siehe Höhlenplan.

Höhlenentstehung

Wer die Höhle betritt, bemerkt bald die bizarren Formen der unterirdischen Gänge und Hallen. Scheinbar willkürlich verzweigen sich die Hohlräume, weiten sich zu Hallen und verengen sich plötzlich wieder zu engen Durchschlüpfen, an denen man den Kopf einziehen muss.

Die Segeberger Höhle ist ein irreguläres Labyrinth, wäre da nicht der ausgebaute Führungsweg. Als Laughöhle entstand sie durch die langsame Auflösung des Gesteins in einem "stillstehenden" Karstwasserkörper. Hier läuft die Entwicklung langsamer ab als in Höhlen, durch die das Wasser turbulent fließt. Der typische Gangquerschnitt der Segeberger Höhle ist ein auf der Spitze stehendes Dreieck. Die Decke bezeichnet man als Laugdecke und die schrägen Seitenwände als Laugfacetten; diese Formen bilden sich im stehenden Karstwasserkörper. Die Höhle muss also irgendwann durch eine Senkung des Wasserspiegels leergelaufen sein. Sie ist, wenn man so möchte, eine fossile Höhle, deren Formen durch das Leerlaufen konserviert wurden. Wann und über welchen Zeitraum dieser Vorgang erfolgte, ist noch nicht abschließend geklärt.

Westlich der Höhle liegt am Fuße des Kalkberges der Kleine Segeberger See, der heute allerdings gegenüber der Höhle vollkommen abgedichtet ist. Der Wasserspiegel des Sees liegt mit 37,9 m ü. NN ziemlich genau auf Höhe der Höhlensohle, so dass dieser Teich sicherlich einmal der Vorfluter der Segeberger Höhle war. Dafür spricht auch, dass man rezente Gehäuse von Süßwasserschnecken auch in entfernten Höhlengängen gefunden hat. Weiterhin deuten die Gänge des 1988 entdeckten Seelabyrinths auf eine ehemalige Verbindung zum Kleinen Segeberger See hin. Der See ist ca. 5000 Jahre alt; zu dieser Zeit begann wahrscheinlich auch die Höhlenbildung.

Im Randbereich der Segeberger Höhle finden wir hohe Hallen ohne Laugdecken - hier führte die fortgeschrittene Unterschneidung der Wände zum Deckeneinsturz. Die herabstürzenden Blöcke fielen ins Wasser und wurden z.T. aufgelöst oder liegen noch heute am Boden. So erweiterte sich die Höhle nach oben über den Wasserspiegel hinaus. Bei weiterem Verbruch kann sich ein Trichter zur Erdoberfläche öffnen - ein Erdfall. Solche Erdfälle hat es früher auch in Segeberg gegeben, sie sind heute verfüllt.

Höhlenschutz

Die Segeberger Kalkberghöhle stellt zusammen mit dem Rest des Kalkberges nicht nur ein einzigartiges geologisches Naturdenkmal dar; vielmehr beherbergt sie auch seit Jahrtausenden eingespielte Ökosysteme. Bekannt ist der Segeberger Höhlenkäfer Choleva septentrionis holsatica und das Vorkommen einer überregional bedeutsamen Fledermauspopulation von etwa 15.000 Tieren. Auch in der Segeberger Höhle sind diese Ökosysteme bereits vom Menschen in Mitleidenschaft gezogen worden - kein Wunder angesichts eines Führungsweges mit intensivem Besucherstrom. Daher haben die Schauhöhlen auch eine wichtige Funktion in der Umweltbildung; hier können viele Menschen sensibilisiert werden, die Folgen des menschlichen Handelns auf den empfindlichen Lebensraum Höhle abschätzen zu lernen - auch hier in der Segeberger Kalkberghöhle, der einzigen Schauhöhle Schleswig-Holsteins.


Literatur

J. Hagel (1999): Der Segeberger Kalkberg in der Literatur, Teil II., Heimatkdl. Jb. Kreis Segeberg 45, S. 131-158


Anschriften der Autoren:
Uwe Fricke, Amtswiese 17, 38667 Bad Harzburg, E-mail: contact
Dipl.-Geol. Friedhart Knolle, Grummetwiese 16, 38640 Goslar, E-mail: contact