Eine Opferhöhle wird dem öffentlichen Interesse an Höhlentouren geopfert, in der Hoffnung, die Menschen zu beschäftigen und auf diese Weise alle anderen Höhlen zu schützen.
Das hat nichts mit Opfern im Inneren einer Höhle zu tun, sondern die Höhle selbst wird geopfert, was eigentlich eine ziemlich schwülstige Art ist, dies auszudrücken. Wer Höhlen besucht die seit Jahrhunderten besucht werden, findet viele Überreste der vorherigen Besucher, das sind Graffiti, Müll und abgeschlagene Tropfsteine. In der Mitte des 20. Jahrhunderts hatten Höhlenforscher die Schnauze voll, und fingen an gutbesuchte Höhlen in großem Maßstab mit Eisengittern zu verschließen. Das hat zwei offensichtliche Nachteile, es kostet einen Haufen Geld und Arbeit, und die kriminelleren Höhlenhyänen machen sich einen Spaß daraus sie zu knacken. Es gibt noch ein paar weitere Probleme, vor allem das Problem, dass Höhlenforscher auch ausgesperrt sind und erst herausfinden müssen, welcher Höhlenverein den Schlüssel hat. Und der andere ist, dass Höhlenforscher dadurch einen schlechten Ruf bekommen, einen Hauch von Geheimgesellschaft, was genau das Gegenteil von dem ist, was sie tun.
Als Gegenreaktion entstanden die Opferhöhlen, also Höhlen die geschickt liegen, leicht zu erreichen sind, einigermaßen interessant und nicht gefährlich. Diese wurden dann sogar ein kleines bisschen beworben, es wurden Schilder aufgestellt und eine Tafel mit Höhlenplan und Hintergrundinformationen am Eingang aufgestellt. Sie durften in die Broschüre des Tourismusbüros aufgenommen werden. Geeignete Objekte waren vor allem die, die keine archäologischen Sedimente und kaum noch Tropfsteine enthielten. Das waren dann auch oft die Höhlen, die sowieso bereits seit vielen Jahren frei zugänglich waren. Manchmal wurden auch gefährliche Stellen gesichert oder verschlossen, oder mit einer fest installierten Leiter entschärft.
Das traurige Ergebnis dieser Strategie wurde aber bereits nach wenigen Jahrzehnten offensichtlich: Diese Höhlen wurden völlig unnütz der Zerstörung und dem Vandalismus geopfert. Der Vandalismus nahm kontinuierlich zu, aber das Wissen über Höhlen oder Höhlenschutz nicht. Und so erhoben sich in den 1990er Jahren Stimmen, die das Konzept der Opferhöhlen grundsätzlich ablehnten. Sie schlussfolgerten, dass Leute die in Höhlen gehen und Tropfsteine abbrechen dürfen, nur eines lernen, nämlich dass es in Ordnung ist Tropfsteine als Souvenirs mitzunehmen. Anstatt den Menschen Vandalismus beizubringen, haben die Höhlenforscher begonnen, Bewusstsein und Verantwortung zu lehren. Opferhöhlen wurden durch Angebote für Höhlentrekking-Touren ersetzt, bei denen die Teilnehmer eine Sicherheitseinweisung erhalten, die notwendigen Techniken lernen, aber auch geologisches Grundwissen und vor allem den Naturschutzgedanken. Die amerikanischen Höhlenforscher haben das Konzept bereits vor 50 Jahren in drei knappen Regeln zusammengefasst:
Die Aufgabe der Höhlentrekking-Guides ist nun, diese drei Regeln im Detail zu erläutern.