Ort: |
B492, 89143 Blaubeuren.
Zwischen Blaubeuren und Schelklingen. Von Ulm B28 bis Blaubeuren, vor dem Tunnel links ab B492 nach Schelklingen. Nach TEVA Werk Parkplatz rechts, Wanderparkplatz Sirgensteinhöhle beschildert. 1,2 km/15 min Fußweg. (48.3870553, 9.7611948) |
Öffnungszeiten: |
vorübergehend geschlossen. [2025] |
Eintrittspreise: |
frei. [2025] |
Typ: |
![]() |
Licht: | Taschenlampe mitbringen |
Dimension: | L=40 m, VR=34 m, A=565 m asl. |
Führungen: | nein |
Fotografieren: | erlaubt |
Zugänglichkeit: | nein |
Literatur: |
Felix Fabri (1488):
Historia Suevorum,
Melchior Goldast, 1605
Impensis Danielis Bartholomaei, 1727
![]() Robert Rudolf Schmidt (1910): Der Sirgenstein und die diluvialen Kulturstätten Württembergs, E. Schweizerbartsche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1910. Robert Rudolf Schmidt (1912): Die Diluviale Vorzeit in Deutschland, Robert Rudolf Schmidt (1907): Der Sirgenstein und die eiszeitlichen Kulturepochen Schwabens, Fundberichte aus Schwaben — 15.1907. pdf DOI Thomas Striebel (1996): Höhlen im Gebiet der Stadt Blaubeuren, Jahresheft 1995 der Arge Grabenstetten - Ausgabe zum VDHK-Jahrestreffen 1996 in Blaubeuren, pp. 150-171. pdf Nicholas J. Conard, Claus-Joachim Kind (2017): Als der Mensch die Kunst erfand Theiss, Darmstadt, 2017, 192 S. |
Adresse: | Tourist-Information Blaubeuren, Kirchplatz 10, 89143 Blaubeuren, Tel: +49-7344-966990. tourist@blaubeuren.de |
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1488 | Höhle erstmalig beschrieben durch Felix Fabri. |
1906 | erste Grabung durch Robert Rudolf Schmidt. |
1959 | Ausgrabung durch Riek im Sirgensteinabri. |
1972 | unter Denkmalschutz gestellt. |
2017 | auf die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen. |
Die Sirgensteinhöhle befindet sich im Sirgenstein, einem Kalkfelsen am bewaldeten Talhang des Achtals, und einem recht beliebten Klettergebiet. Ihr Eingang liegt am Fuß des Felsens, einer 45 m hohen Felswand im oberen Massenkalk des Malm (oberes Mittelkimmeridge, ki 2.4), gut 30 m über dem Fluss. Der Eingang ist ein etwa 12 m breites und 5 m hohes Portal, durch einen schlauchförmigen Gang, 6 m breit und 9 m lang, wird eine größere kuppelförmige Halle erreicht. Die recht unscheinbare Höhle war über zehntausende von Jahren aufgrund ihrer leichten Zugänglichkeit bei Mensch und Tier als Unterschlupf beliebt. Zwei Öffnungen im hinteren Teil lassen Tageslicht herein und den Rauch von Feuer hinaus, was die Höhle besonders praktisch macht. Auch die Lage am Südhang ist ein großer Vorteil, da die Höhlen meist im Eingangsbereich genutzt wurden, wo die Strahlen der Sonne wärmten. Der Fels wurde warm und die Felswand reduzierte den Wind und bot Regenschutz. Auch gab es damals wohl nur Gras, keine Bewaldung, und so bot der Höhleneingang einen freien Blick auf das Tal und die vorbeiziehenden Herden.
Die moderne Geschichte der Sirgensteinhöhle beginnt vor über 500 Jahren, als der Ulmer Dominikaner Felix Fabri (*1438-✝1502) in seiner Historia Suevorum 1488 die auf Blaubeurer Markung liegende Höhle erstmalig beschreibt. Er interpretiert sie als Wohnstätte eines "ungeheuerlichen Zyklopen". Er berichtet auch davon, dass in der Höhle nach Schätzen gegraben wurde, die Obrigkeit dies aber unterbunden habe. Damals wurden die Höhlensedimente auch als Dünger auf die Felder gebracht, da sie Fledermauskot und dadurch Phosphate und Nitrate enthielten. Dabei wurden immer wieder auch seltsame Knochen gefunden, die allerdings nicht erklärt werden konnten. So entstand wohl auch die Geschichte des Zyklopen. Wann genau Fabri diese Beschreibung verfasst hat, ist unklar, es war wohl ursprünglich eine handschriftliche Fassung für sein Kloster. Binder datiert sie auf 1458, was unwahrscheinlich klingt, weil Fabri erst ab 1468 in Ulm war. Publiziert, also gedruckt, wurde es erst sehr viel später, von Melchior Goldast im Jahr 1605. Eine zweite Ausgabe von 1727 durch Danielis Bartholomaei scheint fast vollständig verschollen zu sein, allerdings konnte die Stadt Ulm
Die archäologische Erforschung des Blautals begann 1866 mit den Ausgrabungen von Oskar Fraß (*1824–✝1897), doch die Sirgensteinhöhle wurde dabei zuerst nicht untersucht. Erst 1906 grub der junge Robert Rudolf Schmidt (*1882-✝1950) von der Universität Tübingen hier mit grossem Erfolg. Er erfasste eine Fundfolge von mehr als 50.000 Jahren, von der späteren Neandertalerzeit bis zum Ende der Eiszeit. Zu dieser Zeit waren die altsteinzeitlichen Epochen vom Mousterien über das Aurignacien bis zum Magdalénien anhand von Typuslokalitäten in Frankreich definiert worden. Er konnte seine Funde mit diesen Epochen verbinden, und die Stratigrafie im Sirgenstein blieb 25 Jahre lang die längste dokumentierte archäologische Abfolge in einer Höhle in Mitteleuropa.
Diese Höhle hat ihre besondere Bedeutung durch die vielfältigen archäologischen Funde. Die meisten Funde wurden auf dem kleinen Vorplatz und im Eingangsbereich gemacht. Weiter im Höhleninneren wurden Knochen von Mammuts, Wildpferden, Höhlenhyänen, Alpen- und Schneehühnern gefunden. Die Funde umfassen Handspitzen, Klingen, Schaber, Bohrer und Pfriemen aus Feuerstein. Auch Menschenknochen wurden gefunden, drei Zähne von zwei Individuen. Die Funde reichen dabei bis in die Bronze und Eisenzeit. Sogar Funde aus dem Mittelalter wurden gemacht. Auf dem Sirgenstein befand sich damals eine Burg, von der kaum noch Mauerreste erhalten sind. Die Höhlen waren vermutlich in die Burganlage Sirgenstein einbezogen.
Ein Besuch dieser Höhle ist denkbar einfach. Eine Taschenlampe ist nicht unbedingt notwendig, obwohl sie trotzdem zu empfehlen ist. Insbesondere die niedrige Decke des Eingangstunnels kann ohne Taschenlampe zu Begegnungen des Kopfes mit dem Jurakalk führen. Der Sirgenstein hat noch drei weitere Kleinhöhlen zu bieten. Den Sirgensteinkeller (7624/03b) befindet sich etwa 50 m vor der Sirgensteinhöhle rechts am Weg. Zum Sirgensteinabri (7624/03d) erreicht man, wenn man dem Weg nach dem Vorplatz zur Sirgensteinhöhle 20 m weiter folgt.
Die Höhle ist zusammen mit anderen archäologischen Fundstätten im Blau und Lonetal 2017 auf die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen worden. Daraufhin wurde ein Wanderweg eingerichtet, der die Höhlen verbindet, es wurden Schilder mit Erklärungen aufgestellt und es wurde sogar ein neuer Wanderparkplatz ausgewiesen. Der offizielle "Wanderparkplatz Sirgensteinhöhle" befindet sich unmittelbar nebn dem TEVA Werk, die Straße verzweigt sich unmittelbar nach der Ausfahrt und führt nach rechts in den TEVA Parkplatz und nach links auf den Wanderparkplatz. Von hier folgt man dem offiziellen Wanderweg etwa 1,2 km bis zur Höhle. Ursprünglich war jedoch der kleine Parkplatz 1 km näher an Schelklingen der Ausgangspunkt. Dieser hat keinen Namen und es gibt auch keine Erklärungsschilder zur Höhle. Am Ende befindet sich ein Schuppen der Straßenmeisterei und danach führt ein unbeschilderter Trampelpfad zur Höhle. Von hier sind es nur 200 m bis zur Höhle. Der Parkplatz darf immer noch benutzt werden, ist aber sehr klein und an Sonntagen eventuell voll.
So ein UNESCO WHL Eintrag erfordert einerseits den Erhalt des Kulturguts, andererseits auch die Zugänglichmachung. Diesem wurde mit neuem Wanderparkplatz, Wegen und Schildern Genüge getan. Leider führte der hohe Bekanntheitsgrad auch dazu, dass Raubgräber auf die frei zugängliche Höhle aufmerksam wurden. Nachdem in der Höhle eine Raubgrabung stattfand wurde sie verschlossen und wird jetzt in einer Notgrabung ausgegraben, um die vorhandenen Sedimente archaeologisch zu erfassen. Das bedeutet zwar neue Funde und Erkenntnisse, allerdings ist die Höhle im Moment bedauerlicherweise nicht zugänglich.