Bergwerk Werra


Touristische Informationen:

Ort: Wanderparkplatz Lederer.
1,3 km/30 Minuten Anmarsch zum Bergwerk Richtung Rudolfstein.
(50.089459, 11.883730)
Öffnungszeiten: MAI bis SEP Sa 10.
Nur nach Vereinbarung.
[2023]
Eintrittspreise: Erwachsene EUR 12, Kinder (6-17) EUR 9.
[2023]
Typ: MineUran MineZinn
Licht: Helme mit Kopflampe werden gestellt.
Dimension:
Führungen: D=3 h, Max=10, MinAge=6.
Fotografieren: erlaubt
Zugänglichkeit: nein
Literatur: Dietmar Herrmann (2017): Das Zinn- und Uranbergwerk am Rudolfstein, Siebenstern, Vereinszeitschrift des Fichtelgebirgsvereins, Heft 2, 2017, S. 5.
Stefan Meier, Bernhard Dünkel (2010): Das Zinn- und Uranbergwerk am Rudolfstein bei Weißenstadt, Fichtelgebirge Lapis, Heft 2/2010, S. 29–37.
(1956): Flicks Versuchsschacht, DER SPIEGEL 34/1956. online
Adresse: Kur- & Tourist Information Weißenstadt, Wunsiedler Straße 4, 95163 Weißenstadt, Tel: +49-9253-95030. E-mail:
Nach unserem Wissen sind die Angaben für das in eckigen Klammern angegebene Jahr korrekt.
Allerdings können sich Öffnungszeiten und Preise schnell ändern, ohne daß wir benachrichtigt werden.
Bitte prüfen Sie bei Bedarf die aktuellen Werte beim Betreiber, zum Beispiel auf der offiziellen Website in der Linkliste.

Geschichte

18. Jahrhundert Abbau von Zinnstein.
1929 Abbau von Zinn und Wolfram.
1945 Bergwerk mit Ende des Zweiten Weltkrieges geschlossen.
1949 Bergbauingenieur Dr. Albert Kummer wirbt für den Abbau des Uranerzes.
1950 unter dem Tarnnamen „Zinnerz-Untersuchungsbetrieb“ Uran abgebaut.
1955 Bundesminister für Atomfragen Franz Josef Strauß besucht Weißenstadt.
1956 Uranabbau wird öffentlich.
1957 Abbau wegen mangelnder Rentabilität eingestellt.
06-JUL-2016 Schaubergwerk eröffnet.

Geologie


Bemerkungen

Das Bergwerk Werra ist ein sehr junges Schaubergwerk, und nur auf Vereinbarung zu besichtigen. Weißenstadt war im Mittelalter das Zentrum eines an Bodenschätzen reichen Gebiets. So gab es in Weißenstadt selbst erhebliche Zinnvorkommen und entsprechende Bergwerke. Bislang war jedoch keines davon für die Öffentlichkeit zugänglich. Das Bergwerk wurde wohl im 18. Jahrhundert für den Abbau von Zinnstein gegründet, allerdings wurde wohl nur ein einziger Stollen angelegt. Es wurde 1929 erneut in Betrieb genommen, wiederum zum Zinnabbau, aber zusätzlich auch auf Wolfram. Beide Metalle galten als kriegswichtig. Wie viele andere Bergwerke wurde es mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs geschlossen.

Interessant wird es 1950, zu Beginn des Kalten Krieges, als es unter dem Tarnnamen „Zinnerz-Untersuchungsbetrieb“ wieder aufgemacht wurde. Dieses Mal war aber das ebenfalls vorkommende Uran das Ziel. Während des Abbaus wurden 4 km Stollen angelegt, bis in eine Tiefe von 280 m. Der Uranabbau geht auf die Initiative von Bergbauingenieur Dr. Albert Kummer zurück. Während des Zweiten Weltkriegs leitete dieser das Bergwerk und entdeckte dabei das Uranerz Torbernit. Nach dem Krieg, ab 1949, warb er für dessen Abbau.

Betreiber war der neue Eigentümer, die Eisenwerk Gesellschaft Sulzbach-Rosenberg (Maxhütte). Beim Beginn des Abbaus 1950 war der Abbau von Uran eigentlich durch die Alliierten verboten, deshalb der Tarnname. Außerdem wurden größere Mengen Zinnerz zur Verschleierung produziert. Die U.S.A. leiferten auch wenig Uran an Deutschland, weil ihnen bei einer deutschen Atomindustrie unwohl war. Franz Josef Strauß war dagegen ein Befürworter einer atomaren Bewaffnung der Bundeswehr. Die Maxhütte war eine Tochtergesellschaft des Flick-Konzerns, die Verarbeitung erfolgte durch die Firma Degussa, die hohe bundesdeutsche Politik vermutlich eingeweiht. Die SDAG WISMUT in der DDR hat das Verbot schließlich auch nicht behindert. Der Bundesminister für Atomfragen Franz Josef Strauß besuchte Weißenstadt im Jahr 1955 als es noch geheim war. 1956 wurde in der Wochenschau Welt im Bild zum ersten Mal öffentlich darüber berichtet. O-Ton: "Seit einem Monat arbeitet in Weißenstadt im Fichtelgebirge das erste und einzige deutsche Uranbergwerk". Ein Artikel im renommierten und unabhängigen deutschen Magazin "Der Spiegel" vom 21-AUG-1956 verleiht der Legende Glaubwürdigkeit. Offenbar ist den Journalisten keine Inkonsistenz an der Tatsache aufgefallen, dass in fünf Jahren 4 km Strecke aufgefahren werden, und das ganze Uran auf den letzten paar Metern lag, und dann auch noch in Windeseile auf vorher nicht existenten, weil illegalen, Verarbeitungsanlagen fünf Kilo Uran extrahiert wurde. Die Legende wird (vielleicht unwissentlich) bis heute aufrechterhalten. Die offizielle Seite der Tourist Information Weißenstadt umschifft das Thema, der Flyer des Geoparks spricht von bis 1956 andauernden "Erkundungen".

Das in Weißenstadt abgebaute Uran war unter anderem für den Forschungsreaktor München in Garching bestimmt. Von einem Brennstab für Kernreaktoren wurden Scheiben abgetrennt die als Rohlinge für Münzen benutzt wurden und so Medaillen aus Weißenstädter Uran geprägt. Die Medaillen wogen 55 gr und hatten einen Durchmesser von 40 mm. Uran war besonders hart, deshalb war die Prägung schwierig, sie erforderte höchste Pressdrücke. Dummerweise oxidiert Uran leicht, sodass die Münzen heute bereits erhebliche Schäden haben. Wer eine sehen möchte, im Deutschen Bergbau-Museum (DBM) in Bochum ist eine ausgestellt. Auch zeigt sich eine gewisse Naivität darin, dass dafür das angereicherte und radioaktive Material von Brennstäben benutzt wurde, anstatt das abgereicherte Abfallprodukt. Die gleiche Naivität herrschte auch bei den Sicherheitsvorkehrungen im Bergwerk, selbst die Bergleute wussten nicht, dass Radioaktivität schädlich ist.

Nach der Veröffentlichung des Uranbergbaus 1956 wurde offen über eine Atomstadt Weißenstadt nachgedacht. Das hätte Arbeitsplätze und Infrastruktur in der strukturschwachen Region bedeutet. Der Abbau wurde jedoch bereits 1957 eingestellt, das Uran war wegen sinkender Weltmarktpreise nicht mehr profitabel. Heute kann Weißenstadt froh sein, dass sie keine radioaktiven Abraumhalden zu sanieren haben, damals waren die Leute nicht so glücklich mit der Entwicklung.

Das Gebiet ist Teil des Geopark Bayern-Böhmen, und das Bergwerk ist deshalb nicht nur unter Denkmalschutz, sondern auch ein Geotop. Zudem ist das Mundloch eine Station auf dem GEO-Erlebnisweg Weißenstadt, eine Schautafel am Mundloch erläutert die Geschichte des Bergwerks. Eine Tafel auf dem Gedenkstein unterhalb des Besucherbergwerkes wurde dem Andenken an Dr. Albert Kummer, dem ersten Uransucher im Fichtelgebirge, gewidmet.

Das Besucherbergwerk Werra wurde nach umfangreichen Sanierungs- und Vorbereitungsmaßnahmen am 6. Juli 2016 für Besuchergruppen geöffnet. Es zeigt 300 m Stollen aus der Zeit des Uranabbaus. Da es mehreren heimischen Fledermausarten als Winterquartier dient, ist es von Oktober bis April geschlossen. Es kann nur von kleinen Gruppen besichtigt werden, die maximale Teilnehmerzahl ist 10. Es ist möglich einen Termin zu vereinbaren, es scheint aber auch feste Termine zu geben, die im Frühjahr bekannt gegeben werden. Üblicherweise sind diese samstags um 10 Uhr. Recht witzig: der Betreiber ist die Kommune, und so muss man das Geld vorher auf deren Girokonto überweisen. Ziemlich 20. Jahrhundert, wenn man bedenkt, dass das Schaubergwerk erst seit fünf Jahren existiert. Und offensichtlich ziemlich unpraktisch für ausländische Besucher.

Mit etwa 1,3 km Anmarsch und einer Gesamtdauer von drei Stunden erfordert der Besuch eine gewisse Fitness. Zudem gibt es kein elektrisches Licht. Wir empfehlen wasserdichte Trekkingschuhe oder Gummistiefel, da an einigen Stellen Wasser auf dem Boden steht. Natürlich sind geeignete Kleidung und eine warme Jacke ebenfalls angeraten. Schutzhelme mit Stirnlampen und wasserfeste Jacken werden gestellt. Treffpunkt ist der Wanderparkplatz Lederer, hinter dem CVJM Heim im Süden der Stadt. Das Bergwerk befindet sich in Richtung Rudolfstein, einer Felsformation aus Granit mit der typischen Wollsackverwitterung, der ebenfalls einen Besuch wert ist. Wenn man nach dem Besuch des Bergwerks noch fit ist, kann man den kleinen Umweg noch anhängen.

Wir haben erst kürzlich zum ersten Mal von diesem Bergwerk gehört und waren überwältigt. Die Uranära der WISMUT wurde seit den 1990er Jahren massiv ausgeschlachtet und es gibt eine Vielzahl von Museen und Bergwerken. Dies ist jedoch die einzige Stelle, an der die Westdeutsche Geschichte der Atomindustrie zu Beginn des Kalten Krieges beleuchtet wird, die uns bekannt ist. Und das verblüffende ist, dass die Gemeinde trotz massiver Investitionen darauf verzichtet mit den wesentlichen historischen Aspekten Werbung zu machen. Wir haben das Bergwerk noch nicht besucht, und hoffen deshalb, dass zumindest die Führung informativ ist. Aber eines müssen wir mal deutlich sagen: dies ist derzeit vermutlich das interessanteste Schaubergwerk der Bundesrepublik, was den Uranbergbau angeht!