In sehr vielen Schauhöhlen ist es verboten zu fotografieren. Na ja, die Erklärung, dass die Blitzerei die anderen Besucher stört, leuchtet ja jedem irgendwie ein. Oder dass der Fotograf den Weg blockiert und die Führung damit aufhält. Oder dass es wegen Fledermausschutz verboten ist.
Diese ganzen Erklärungen sind allerdings nur Vorwände für den wahren Grund: das Urheberrecht. Nach deutschem Recht hat der Besitzer oder Betreiber das Hausrecht, aber der Fotograf das Urheberrecht am Bild. Das bedeutet, dass der Fotograf das Bild, das er macht, nicht nur ohne zu bezahlen selber anschauen darf, er darf es sogar weiterverkaufen. Und das wäre Geld, das der Betreiber gerne selbst verdienen würde. Wo käme man da hin, wenn alle Zeitungen, Magazine und Bücher sich die Bilder einfach von Leuten aus dem Internet billig besorgen würden. Will der Besitzer also verhindern, dass jemand außer ihm Bilder verkaufen darf, muss er verbieten, dass Besucher Bilder machen.
Das ganze ist nur bedingt sinnhaft, weil mit derartigen Bildrechten in der Regel wenig zu verdienen ist. Besonders kurios und lächerlich wird es aber wenn sich die Betreiber - wohl aus Scham - fantasievolle Geschichten ausdenken um den Besuchern das Fotografierverbot zu erklären. Sie befürchten wohl nicht mehr als unermüdliche Kämpfer zum Schutz der Natur zu gelten, wenn sie finanzielle Interessen zugeben.
Man stelle sich das vor: Ein unschuldiges Samenkorn wird vom Regenwasser durch enge Spalten bis in eine Schauhöhle getragen. Dort ignoriert es geflissentlich die täglich acht Stunden brennende Beleuchtung. Bis dann eines Tages der böse Fotograf mit seinem Blitz daher kommt, den Tropfstein fotografiert, und dabei das Samenkorn mit soviel UV-Licht bombardiert, dass es in Sekundenbruchteilen keimt, wächst und die Tropfsteine überwuchert... Diese seltsame Vorstellung stammt wohl aus einem Horrorfilm, allerdings einem B-Movie.
Recht beliebt ist auch, die Verantwortung/Schuld auf andere abzuwälzen. In den meisten Ländern gibt es eine Behörde, die die Sicherheit von unterirdischen Betrieben, wie Schaubergwerken und Schauhöhlen, überwacht. Sie machen Vorschriften, etwa für die Helligkeit des Lichts, den Bau von Wegen oder das Vorhandensein einer zweiten Lichtanlage für Notfälle. Da wird dann gerne eine Vorschrift des Bergamtes angeführt, von der das "Bergamt" sicherlich noch nichts gehört hat.
Ich habe aber noch nie von einer Behörde gehört, die das Fotografieren in Höhlen oder Bergwerken verbietet, weder mit noch ohne Blitz. Sie wären wohl sehr erstaunt, wenn man es ihnen sagen würde, dass sie das Fotografieren verboten haben.
Beliebt ist auch der ominöse Hinweis auf das Bundesartenschutzgesetz (BArtSchG). Dieses verbietet jedoch nur die Jagd und den Vertrieb von bestimmten Tierarten, zu denen als Mammalia auch die Fledermäuse gehören. Es ist nicht anzunehmen, dass die Fotojagd mit diesem Gesetz gemeint ist. (Iberger Tropfsteinhöhle, website, 2006)
Schön ist natürlich auch die Geschichte mit der Verletzungsgefahr durch geblendete und blind herumtorkelnde Besucher. Da wird dann schon mal behauptet, das Auge brauche 15 Minuten, um sich von der Blendwirkung eines Blitzes zu erholen.
Besonders lustig wirkt diese Behauptung in der Barbarossahöhle. Dort wird man nämlich kurz nach dieser Behauptung auf einer Treppe für das Gruppenbild aufgestellt, natürlich mit Blitz. Und auf die verwunderte Frage der Höhlenbesucher, wird dann behauptet, man hätte Spezial-Blitzgeräte. Funktionieren die nicht mit Licht?
Bei meinem letzten Besuch hat die gesamte Gruppe nach dem Gruppenbild die Arme nach vorne gestreckt und ist blind in der Gegend herumgetorkelt. Sogar der Höhlenführer konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Am einleuchtendsten und trotzdem falsch, ist die Ausrede mit dem Schutz der Fledermäuse. Daß Fledermausschutz etwas Gutes ist, haben wir nach Jahrzehnten endlich gefressen. Daß sie Blitzlicht nicht mögen glauben wir kritiklos. Tatsächlich muß man sich aber zwei Fragen stellen:
Fledermäuse sind nicht auf ihre Augen angewiesen, sie orientieren sich hauptsächlich mit Hilfe ihres Sonars. Fledermäuse sehen nicht sehr gut, und sie werden durch das Blitzlicht nicht geblendet. Sie werden von Ultraschall geblendet. Tatsächlich ist das für uns fast unhörbare Geräusch, das der Blitz beim Aufladen verursacht, für die Tiere viel störender als der Lichtblitz.
Um eines klarzustellen: der Schutz von Fledermäusen ist eine gute Sache, so wie jede Art von Umweltschutz, aber die armen Fledermäuse als Ausrede zu missbrauchen, das haben sie nicht verdient.
Alle bisher erwähnten Ausreden basieren auf dem Bitzlicht an sich. Das ist für den Höhlenfotografen natürlich äußerst hilfreich, wenn er in der Lage ist, ohne Blitz zu fotografieren. Heutzutage ist das mit modernen Digitalkameras mit hoher Lichtempfindlichkeit und der Möglichkeit die Farbtemperatur auf Kunstlicht anzupassen gar nicht mehr so schwierig. Und so lässt sich die Ausrede der Höhle leicht nutzen, um den Spieß herumzudrehen. Denn wenn das Blitzlicht schuld ist, dass man nicht fotografieren darf, heißt das ja doch, dass fotografieren ohne Blitzlicht erlaubt ist!
Das dickste Ding zu diesem Thema erfährt man in der Mitchelstown Cave in Irland: Fotografieren zerstört Tropfsteine!
Das Fotografieren macht sie stumpf und unscheinbar. Jetzt weiß ich endlich, dass nicht das Licht der Blitze das Schlimme ist, sondern das Fotografieren selbst. Wie beim weglesen von Buchstaben fängt der Besucher den Glanz der Tropfsteine ein und trägt sie dann, eingesperrt in seine japanische Kleinbildkamera, mit nach Hause, zum Schaden aller späteren Höhlenbesucher.
Es gibt eine besondere Gruppe von Höhlen, die Bilderhöhle genannt werden und in denen sich Malereien aus der Steinzeit an den Wänden befinden. Diese Farben enthalten Pigmente, die sich tatsächlich durch UV-Licht zersetzen. Das war der Grund, warum in den meisten bemalten Höhlen das Fotografieren verboten wurde. Die Erklärung ist jedoch äußerst fadenscheinig. In Wirklichkeit ist die Zerstörung durch Temperaturschwankungen, Feuchtigkeit, Staub und Pilzsporen, die von den Besuchern eingeschleppt werden, und vor allem durch die Lampenflora, die durch die Beleuchtung verursacht wird, tausendmal schlimmer.
Ja, sie reduzieren das Licht, ja, sie beschränken die Anzahl der erlaubten Besuche, ja, sie installieren luftdichte Türen und Luftschleusen, um das Höhlenklima zu kontrollieren. Aber warum ist es verboten, ohne Blitz zu fotografieren? Auf der Website des französischen Kulturministeriums, das alle Bilderhöhlen Frankreichs verwaltet, wird der Grund genannt: Sie verkaufen die Bilder der Höhlen zu einem hohen Preis.
Und noch eine Tatsache, die deutlich macht, dass das Fotografierverbot nicht zum Schutz der Bilder existiert: Es ist auch in den Nachbildungen verboten. Die meisten Bilderhöhlen sind gar nicht zugänglich, nur Nachbildungen sind zugänglich. Trotzdem ist das Fotografieren in den Nachbildungen verboten. Selbst wenn der Blitz die Bilder beschädigt, sind es nur Kopien, und es ist leicht möglich, eine weitere Kopie zu erstellen. Das wird ohnehin regelmäßig gemacht, die aktuelle Nachbildung der Höhle von Lascaux ist Lascaux IV, die vierte Nachbildung. Das ist der offizielle Name! Und trotzdem ist es verboten, ohne Blitzlicht zu fotografieren.
Es gibt jedoch einige bemerkenswerte Ausnahmen, zum Beispiel die Nachbildung von Altamira im Deutschen Museum in München, oder das Museum Pavilon Anthropos in Brünn, Tschechische Republik.
Es gab mal so umsichtige Höhlenbetreiber, die auf ihre Höhle aufpassen und die Natur schützen, ohne die Besucher zu gängeln! Ein paar einfache Hinweise zum Höhlenschutz lassen sich schnell erläutern und Begründen wenn sie Sinn machen. Und doch scheint das Gegenteil auf dem Vormarsch: einerseits wird die Natur als Sportgerät missbraucht und mit Extremsport zugrunde gerichtet, andererseits werden Leute die pfleglich mit der Natur umgehen gegängelt, bis hin zu unsinnigen Zwamgsmaßnahmen.
Beispiel 1: der Höhlenpächter der so rühmlich das Fotografieren erlaubte, wurde vom Besitzer durch einen neuen, dynamischen Pächter ersetzt. Als Erstes hat dieser die Höhle buchstäblich ins Gefängnis gesperrt. Der gesamte Eingangsbereich wurde mit einem Eisengitter verschlossen, das sieht aus wie ein Gefängnis im Wilden Westen. Und die Sophienhöhle sitzt hinter Gittern.
Beispiel 2: Dass es inzwischen wirklich selten geworden ist, dass man fotografieren darf, zeigt folgende Geschichte: Ein Höhlenverein kehrt nach einer einwöchigen Exkursion in den Harz zurück nach Süddeutschland. Täglich zwei bis drei Schauhöhlenbesuche und keine einzige in der das Fotografieren erlaubt war. Auf der Rückfahrt wird an der Marienglashöhle in Thüringen noch ein letzter Höhlenbesuch eingeschoben. Ein Teilnehmer meint noch: "Jetzt durfte man in keiner Höhle fotografieren. Ich lasse jetzt meine Kamera im Bus." Zum Beginn der Führung begrüßt uns die Füherin mit den Worten: "Herzlich willkommen in der Marienglashöhle! Bei uns ist das Fotografieren erlaubt!" Es folgte ein verzweifelter Aufschrei aus den hinteren Reihen...